Sven Giegold
Mitglied der Grünen/EFA-Fraktion im Europaparlament

Sprecher Europagruppe Grüne

Europäische Sozialdemokraten zeigen viel “Beinfreiheit” beim Verbraucherschutz / Widersprüche zwischen SPD-Anträgen in Berlin und Abstimmungsverhalten in Brüssel

In der vergangenen Woche hat die sozialdemokratische S & D Fraktion im Wirtschafts- und Währungsausschuss (ECON) des Europäischen Parlaments eine Verbesserung des Verbraucherschutzes bei Finanzberatungen in letzter Sekunde verhindert und stattdessen bestehende Verbraucherschutzstandards aufgeweicht. [1] Im Bundestag hingegen versuchte sich die SPD bisher als Anwältin der Kleinanleger zu profilieren.

Sven Giegold, finanz- und wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen / EFA im Europäischen Parlament kommentiert dazu:

“Üblicherweise sind wir es in Brüssel gewohnt, dass Europaabgeordnete weniger parteipolitisch und mehr sachorientiert agieren, als die Kolleginnen und Kollegen der nationalen Parlamente. In Sachen Verbraucherschutz bei Finanzberatungen hat die SPD allerdings ein eindrucksvolles Gegenbeispiel geliefert: In Brüssel hat sie letzte Woche die bestehenden Regelungen weiter aufgeweicht, während die Genossen im Bundestag in zwei Anträgen in die richtige Richtung weisen.

Noch im Dezember 2011 wollte die SPD im Bundestag: “Verbraucherschutz stärken – Honorarberatung etablieren”. [2] Für dieses richtige Ziel wollte sie sich an der niederländischen Praxis orientieren, Provisionen für Bankberatungen auf 50 % der Gesamtvergütung zu deckeln. Außerdem plante sie, das Berufsbild “Finanzberater/in” zertifizieren und an eine verbindliche Honorarordnung binden zu lassen – ein weiterer, wichtiger Schritt weg von der Provisionsberatung und hin zum Honorarmodell. [3]

Wir können nur hoffen, dass die S & D Fraktion ihre Meinung dazu noch einmal grundsätzlich überdenkt und ihre Verwässerungen der Mifid II Richtlinie zurücknimmt, die den Zielen der SPD im Bundestag diametral entgegen laufen. Denn einerseits wie Peer Steinbrück die Bundestagswahl für einen „Bankenwahlkampf“ nutzen zu wollen, aber andererseits in Europa das genaue Gegenteil zu tun, das mag vielleicht Ausdruck sozialdemokratischer “Beinfreiheit” sein. Im Interesse der Bürgerinnen und Bürger ist es aber sicher nicht.”

[1] Hintergrund: https://sg.admk-dev.de/2012/grunes-hintergrundpapier-abstimmung-uber-die-mifidmifir-reformgesetze-im-ausschuss-fur-wirtschaft-und-wahrung-im-europaparlament/

[2] “Verbraucherschutz stärken – Honorarberatung etablieren” – Antrag der SPD, Bundestagsdrucksache 17/8182

[3] “Gesamtkonzept zur Stärkung des Verbraucherschutzes bei Finanzdienstleistungen vorlegen” – Antrag der SPD, Bundestagsdrucksache 17/2136