Sven Giegold
Mitglied der Grünen/EFA-Fraktion im Europaparlament

Sprecher Europagruppe Grüne

Sammelklagen: Europa stärkt den Verbraucherschutz und die GroKo macht nicht mit

Liebe Freundinnen und Freunde,
liebe Interessierte,

gestern hat der EU-Wettbewerbsrat der Einführung von Sammelklagen in Europa zugestimmt. Das ist ein Durchbruch für den Verbraucherschutz in Europa. Wenn Verbraucherinnen und Verbraucher massenhaft geprellt werden, etwa bei Geldanlagen, Pauschalreisen oder Internetkäufen, sollen sie in Zukunft auch gemeinsam klagen können. Verbandsklagen verringern das Machtgefälle zwischen Großunternehmen und Verbrauchern. Produkte werden für die Massen produziert, also müssen Verbraucher auch im Kollektiv klagen können. Anständige Unternehmen müssen vor unanständigen Wettbewerbern effektiv geschützt werden.

Dem EU-Wettbewerbsrat gehören Minister der Mitgliedstaaten für Handel, Wirtschaft, Industrie, Forschung und Innovation an. Nach dem gestrigen Beschluss müssen Ministerrat und Europäisches Parlament noch über den letztendlichen Gesetzestext verhandeln, bevor die neuen Regeln in Kraft treten können.

Die Bundesregierung, vertreten durch Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), hat sich bei der Abstimmung gemeinsam mit Österreich enthalten. Alle (!) anderen EU-Länder haben sich für die neuen Regeln ausgesprochen. Die deutschen Vertreter hatten sich im Vorfeld für eine schwächere Regelung eingesetzt. Nun stärkt Europa den Verbraucherschutz und die GroKo ist nicht Teil dieses Erfolgs. Das ist ein richtiges Eigentor für Deutschland.

Es ist wirklich traurig, dass die GroKo bei diesem europäischen Fortschritt mal wieder auf der Bremse stehen wollte. Statt europäische Fortschritte zu feiern, stellt sich die deutsche Bundesregierung schmollend in die Ecke. Auch so schwächt man die Unterstützung der europäische Einigung! Genauso war es gestern auch bei der Steuertransparenz für Großunternehmen. Bei den Sammelklagen hatte sich die Bundesregierung für eine individuelle Klage auf Basis einer sogenannten Musterfeststellung eingesetzt. Dabei würden Gerichte über einen Musterfall entscheiden, auf Basis dessen dann einzelne Geschädigte individuell klagen können. Für die meisten Geschädigten sind individuelle Klagen aber zu teuer und aufwändig, besonders wenn der Schaden sich in Grenzen hält. So kamen Unternehmen in der Vergangenheit oft straflos davon, während unzählige Verbraucher auf ihrem Schaden sitzen bleiben.

Diese Straflosigkeit verschaffte betrügerischen Unternehmen bisher oft einen Wettbewerbsvorteil gegenüber ehrlichen Konkurrenten. Ohne entschiedene Strafen und gemeinsame Klagen konnte Kundenabzocke für Unternehmen zu einer finanziell erfolgreichen Strategie werden. Dem schiebt Europa jetzt den Riegel vor, sobald sich Europaparlament und Rat der Mitgliedsländer geeinigt haben. Klagen gegen Unternehmen wie in Amerika, die für Kanzleien ein lukratives Geschäft darstellen, ermöglicht das neue Gesetz aber nicht. Sammelklagen werden in Europa nicht zur Goldgrube für Anwälte, sondern zum Instrument von Verbraucherschützern.

Mit grünen europäischen Grüßen,
Sven Giegold

Link zum Vorschlag der Kommission vom 11.4.2018:

www.europarl.europa.eu/RegData/docs_autres_institutions/commission_europeenne/com/2018/0184/COM_COM(2018)0184_EN.pdf

Link zur Position des Europäischen Parlaments vom 26.3.2019:
https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-8-2019-0222_EN.html

Link zur Position des Ministerrates vom 28.11.2019:
https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-14210-2019-INIT/en/pdf

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