Sven Giegold
Mitglied der Grünen/EFA-Fraktion im Europaparlament

Sprecher Europagruppe Grüne

Grüner Plan für Transparenz und Integrität im Europaparlament

Angesichts der jüngsten Skandale um den Seitenwechel von Kommissionschef Jose Manuel Barroso zu Goldman Sachs und der verschwiegenen Steueroasen-Firma von Neelie Kroes steigt auch im Europaparlament der Druck, mehr Transparenz zuzulassen und die Integrität des Parlaments zu stärken.

Vor zwei Wochen blockierten Christdemokraten, Sozialdemokraten und Liberale die Abstimmung über den ausverhandelten Giegold-Bericht zu “Transparenz, Integrität und Rechenschaftspflicht in den Europäischen Institutionen”. Gleichzeitig kommt die Arbeit am Betriebssystem des Parlaments – der Geschäftsordnung – in seine abschließende Phase. Die Geschäftsordnung mit ihren detaillierten Regeln ist der Ort, an dem die Stärkung von Lobbytransparenz und strengere Regeln gegen Interessenskonflikte im Europaparlament verankert werden müssen. Am kommenden Donnerstag findet eine erste Verhandlungsrunde der Schattenberichterstatter statt, die über die jüngst veröffentlichten 400 neuen Änderungsanträge zur Geschäftsordnung der Parlaments berät.

Letzten Mittwoch hat die EU-Kommission ihren Vorschlag zur Stärkung des Transparenzregisters für Lobbyisten vorgelegt und macht damit zusätzlichen Druck, auch im Europaparlament die Regeln zu verschärfen. Jetzt legen wir Grünen einem präzisen “Plan für Transparenz und Integrität im Europaparlament” vor. Er besteht aus 46 Änderungsanträgen, die wir alle als Teil der über 400 Anträge zur Geschäftsordnung eingereicht haben. Unser Plan umfasst alle relevanten Themen: Nebenjobs von Europaabgeordneten, Jobs nach dem Mandat, Kontakte zu Lobbyisten bei der Gesetzgebung, finanzielle Interessen der Abgeordneten, effektive Sanktionen bei Verstößen und Beziehungen zwischen dem Parlament und anderen Institutionen.

Sven Giegold, Berichterstatter für Transparenz, Rechenschaftspflicht und Integrität in den EU Institutionen sowie Sprecher der deutschen Grünen im Europaparlament präsentiert den Plan zusammen und erklärt:

“Die Europäische Demokratie verdient mehr Vertrauen ihrer Bürgerinnen und Bürger. Handeln statt Reden auch bei den Regeln für uns Politiker selbst ist ein entscheidender Beitrag für das Vertrauen zwischen Europaparlament und EU-Bürgerinnen und -Bürgern. Christdemokraten, Sozialdemokraten und Liberale müssen ihren Widerstand gegen Lobbytransparenz endlich aufgeben.”

Der schwedische Europaabgeordnete Max Andersson, Schattenberichterstatter für den Corbett-Bericht zur Änderung der Geschäftsordnung des Parlaments, erklärt:

“Das Problem ist nicht Lobbyismus per se, er kann für Politiker sogar essentiell sein, wenn sie ihre Meinung zu politischen Fragen bilden. Aber Lobbyismus wird zum Problem, wenn die Ressourcen und damit der Einfluss von Konzerninteressen deutlich die Möglichkeiten der Vertreter des öffentlichen Interesses übersteigt. Wir brauchen deshalb eine Reihe starker Regeln, um verzerrte Entscheidungsfindung zu verhindern und ethische Standards garantieren zu können.”

Grüner Plan für Transparenz und Integrität im Europaparlament

(DOWNLOAD als .pdf-Datei inkl. der grünen Änderungsanträge zum Corbett-Bericht)

Der Grüne Plan

Die Europäischen Institutionen werden kritisiert für starken und intransparenten Einfluss von Lobbyisten und zweifelhafte Interessenkonflikte. Das Europaparlament betreibt bereits ein freiwilliges Transparenzregister für Lobbyisten und bietet damit mehr Transparenz als nationale Parlamente. Allerdings gibt es rund um die EU-Institutionen mehr professionelle Interessensvertreter als in irgendeiner anderen Hauptstadt. Dagegen sind die Regeln gegen Interessenkonflikte eher zahnlos und viele Mitgliedstaaten gehen weiter im Aufzeigen und Lösen von Interessenkonflikten in nationalen Parlamenten.

Das Europäische Parlament hat bereits seit fast einem Jahr über den Bericht zu “Transparenz, Rechenschaftspflicht und Integrität in den EU-Institutionen” verhandelt. Der Bericht ist bereit, um abgestimmt zu werden, wird aber von Konservativen (EVP), Liberalen und Sozialdemokraten (S&D) blockiert. Der Bericht, entworfen von Sven Giegold, Sprecher der deutschen Grünen im Europaparlament, enthält viele praktische Vorschläge um dringend notwendige Verbesserungen für die EU-Institutionen zu erreichen. Trotzdem haben Konservative (EVP), Liberale und Sozialdemokraten (S&D) gemeinsam beschlossen, den derzeit ebenfalls in Verhandlung befindlichen Bericht über Änderungen in der Geschäftsordnung des Europaparlaments zuerst abzustimmen. Die offenbare Absicht ist, die verbindlichen Änderungen an der Geschäftsordnung für Transparenz und Integrität zu vermeiden oder die Umsetzung zu verzögern.

Darum haben wir Grünen nun ein vollständiges Paket an Vorschlägen eingebracht, das die Geschäftsordnung des Europaparlaments auf die Spur von Transparenz und Integrität bringt. Die Europäische Demokratie verdient mehr Vertrauen ihrer Bürgerinnen und Bürger. Handeln statt Reden auch bei den Regeln für uns Abgeordnete selbst ist ein entscheidender Beitrag für das Vertrauen zwischen Europaparlament und EU-Bürgerinnen und Bürgern.

 

Unsere Vorschläge

Verpflichtende Lobbytransparenz: keine Registrierung, kein Treffen

Keine Treffen mit unregistrierten Lobbyisten

Kommissare und ihre Kabinettsmitglieder verweigern bereits Treffen mit nicht-registrierten Lobbyisten, um Lobbyisten zur Registrierung im bisher freiwilligen Transparenzregister zu bringen. Das Parlament würde diesen Effekt verstärken, wenn es der EU-Kommission dabei folgte. Wenigstens Berichterstatter, Schattenberichterstatter und Ausschussvorsitzende sollten die systematische Praxis pflegen, nur registrierte Lobbyisten zu treffen. (Regel 205, Absatz 4.1)

Einladung an Europaabgeordnete, ihre Lobbytreffen auf der Parlaments-Website zu veröffentlichen

Je mehr Europaabgeordnete ihre Lobbytreffen veröffentlichen, desto transparenter ist das Parlament insgesamt. Die Freiheit des Mandats mag eine harte Regel für Veröffentlichung schwierig machen. Die vorgeschlagene Regeländerung ist zumindest eine explizite Einladung an alle. Die Verwaltung des Parlaments sollte die notwendige Infrastruktur auf der Seite des Parlaments anbieten. (Regel 116, Absatz 7a)

 

Legislativer Fußabdruck: Zeigen, wer die Lobby ist

Legislativer Fußabdruck als Regel für Berichterstatter und Ausschussvorsitzende

Ein Legislativer Fußabdruck ist eine Liste aller Lobbyisten, die für ein Dossier konsultiert wurden, und kann an den Bericht angehängt werden. Einige Europaabgeordnete praktizieren diese Lobbytransparenz bereits. Wenn das Parlament den Fußabdruck aber zumindest für Berichterstatter und Ausschussvorsitzende zur Regel machte, erhöhte das den Anreiz für Lobbyisten sich zu registrieren deutlich. Die Öffentlichkeit kann sich so zudem ein Bild machen, ob unterschiedliche Interessen ausgewogen angehört wurden. (Verhaltenskodex für Europaabgeordnete, Regel 4)

Legislativer Fußabdruck: inklusive schriftlichen Eingaben von Lobbyisten

Berichterstatter und Ausschussvorsitzende erhalten viel Post von Lobbyisten, was sie in EU-Gesetze aufnehmen sollen. Einige Vorschläge werden mündlich gemacht. Die Öffentlichkeit sollte wissen, woher der Inhalt der für sie geltenden Gesetze kommt. Daher sollte aller schriftlicher Input zu einem Gesetz an Berichterstatter und Ausschussvorsitzende vom Parlament gesammelt und veröffentlicht werden. (Regel 205, Absatz 4)

Schattenberichterstatter ebenfalls auf Interessenkonflikte überprüfen

Berichterstatter für ein Dossier im Parlament sollen ihre Funktion verlieren, wenn sie den Verhaltenskodex für Mitglieder verletzen, z.B. durch einen Interessenkonflikt. Die aktuelle Regel sollte in Zukunft auch Schattenberichterstatter einschließen, denn diese haben häufig den gleichen Einfluss auf das Dossier wie der eigentliche Berichterstatter unterliegen aber nicht der gleichen Überprüfung. (Regel 21, Absatz 2)

Europaabgeordnete sollten veröffentlichen dürfen, woher ein Änderungsantrag stammt

Manche Änderungsanträge, die von Europaabgeordneten eingereicht werden, wurden von Lobbyisten geschrieben oder inspiriert. Das ist legitim, aber die Quellen sollten öffentlich sein. Die aktuellen Regeln erlauben Europaabgeordneten aber für die meisten Berichte im Parlament nicht, dies in öffentliche Dokumenten transparent zu machen. Diese Begrenzung sollte aufgehoben werden. (Regel 169, Absatz 1.3)

 

Karenzzeit für Europaabgeordnete: Integrität nach dem Mandat

Keine Lobbyjobs kurz nach dem Mandat, Anzeigepflicht

Je nach dem, wie lange sie vorher Europaabgeordnete waren, erhalten ehemalige Abgeordnete ein Übergangsgeld für 6 – 24 Monate. Während dieser Zeit sollten sie ihr Insiderwissen nicht als Lobbyist einsetzen dürfen. Jede neue Beschäftigung sollten sie dem Parlament mitteilen. Der “Beratende Ausschuss” (zum Verhaltenskodex für Europaabgeordnete) sollte überprüfen, ob sie die Regel einhalten. Falls herausgefunden würde, dass sie sie verletzen, sollte das veröffentlicht werden. (Verhaltenskodex für Europaabgeordnete, Regel 6, Absatz 1)

 

Keine Hintertüren für Lobbyisten

Mehr Öffentlichkeit für die Finanzierung interfraktioneller Arbeitsgruppen

In vielen der sogenannten interfraktionellen Arbeitsgruppen treffen sich Europaabgeordnete mit Lobbyisten in regelmäßiger Form. Die Regeln des Parlaments schreiben für die Gruppen vor, ihre Finanzierung transparent zu machen. Aber viele Erklärungen sind nicht auf aktuellem Stand, informelle Gruppen dieser Art fehlen ganz. Verpflichtende jährliche Aktualisierungen sollten für aktuelle Daten sorgen. (Regel 34, Absatz 2.2)

Mehr Durchsetzung für die Regeln zu interfraktionellen Arbeitsgruppen

Interfraktionelle Arbeitsgruppen sind ein wichtiger Ort der Zusammenarbeit über Fraktionsgrenzen hinweg, aber auch ein institutionalisierter Kanal für Lobbyismus. Leider werden die Transparenzregeln für sie nicht voll angewandt. Quästoren, Abgeordnete gewählt für die Leitung der Verwaltung, sollten in Zukunft zuständig sein, für die Einhaltung der Regeln zu sorgen. (Regel 34, Absatz 2.3)

Keine “Entourage”-Hausausweise für Lobbyisten

Lobbyisten, die in den Zuständigkeitsbereich des EU-Transparenzregisters fallen, sollten keine Zugangsausweise als Entourage von Europaabgeordnete bekommen. Im Moment gibt es keine Absicherung, dass die für Familie und Freunde von Abgeordneten gedachten Hausausweise, von denen aktuell 730 im Umlauf sind, nicht an Lobbyisten vergeben werden. (Regel 11, Absatz 5)

Lobbyisten, die Einladungen des Parlaments verweigern, verlieren Zugangsausweise

Lobbyisten von Interessensgruppen, die es ablehnen auf Einladung des Parlaments in einem Ausschuss zu sprechen, ohne dafür einen ordentlichen Grund anzugeben, sollten ihren Zugangsausweis verlieren. So lehnte es beispielsweise IKEA ab, im Untersuchungsausschuss zu Steuerabsprachen öffentlich Rede und Antwort zu stehen, lud dann aber die gleichen Abgeordneten zu einem Lobbytreffen ein. (Regel 11, Absatz 8)

 

Integrität mit Biss: das Ethikkomitee des Parlaments reparieren

Mehr Verbindlichkeit für die Empfehlungen des Ethikkomitees

11 Mal hat der “Beratende Ausschuss”, das Ethikkommittee des Parlaments, schon Sanktionen gegen Europaabgeordnete empfohlen. Der Parlamentspräsident hat sie alle unter den Tisch fallen lassen. Verstöße gegen den Verhaltenskodex für Europaabgeordnete wurden daher noch niemals sanktioniert. Weil all die Untersuchungen hinter verschlossenen Türen stattfinden, muss der Präsident sich vor niemandem verantworten. Eine verpflichtende Veröffentlichung empfohlener, aber nicht verhängter Sanktionen, würde die Anreize für den Präsidenten entscheidend verändern: Falls er ihm empfohlene Sanktionen nicht verhängt, muss er sich der Öffentlichkeit erklären. Ein aktuell wirkungsloses System würde endlich Wirkung zeigen können. (Verhaltenskodex für Europaabgeordnete, Regel 8)

Kontrolle durch unabhängige Experten, frei von Interessenskonflikten

Aktuell werden Europaabgeordnete, die Fälle von Interessenskonflikten ihrer Kollegen im Beratenden Ausschuss beurteilen sollen, vom Parlamentspräsidenten handverlesen vorgeschlagen. Um die damit verbundenen Interessenskonflikte zu vermeiden, sollten dafür unabhängige Experten gewählt werden. Ähnlich wie jetzt der Europäische Ombudsmann sollten sie nach einer öffentlichen Ausschreibung ausgewählt werden und als eine Qualifikation als Richter, Rechnungsprüfer oder Anti-Korruptionsexperte mitbringen. Die Wahl sollte vom Parlamentspräsidium getroffen werden, in dem alle Fraktionen repräsentiert sind statt vom Parlamentspräsidenten allein. (Verhaltenskodex für Europaabgeordnete, Regel 7)

Untersuchungen unabhängig von präsidentieller Sondererlaubnis

Bisher kann der Beratende Ausschuss Europaabgeordnete nur überprüfen, wenn der Parlamentspräsident sie dazu auffordert. Entsprechende Anfragen von Mitgliedern des Beratenden Ausschusses wurden vom Präsidenten in der Vergangenheit auch schon abgelehnt, was fragwürdige Aktivitäten sogar vor einer rein internen Untersuchung geschützt hat. In Zukunft sollte der Ausschuss nicht von einer solchen Sondergenehmigung abhängen, sondern auf eigene Initiative Untersuchungen beginnen können. (Verhaltenskodex für Europaabgeordnete, Regel 7 und 8)

Proaktive Überprüfungen der Interessenserklärungen der Europaabgeordneten

Der Beratende Ausschuss überprüft Interessenserklärungen von Abgeordneten nur, wenn er von der Öffentlichkeit alarmiert und vom Präsidenten formell aufgefordert wird. Stattdessen sollte das Gremium ein zufällig ausgewähltes Viertel aller Erklärungen pro Jahr daraufhin überprüfen, ob es vollständig und verständlich ist. Falls nötig sollten sie den Wahrheitsgehalt anhand von Dokumenten überprüfen. (Verhaltenskodex für Europaabgeordnete, Regel 7)

Beschwerden direkt von Bürgern annehmen

Solange eine Beschwerde durch Fakten erhärtet ist, sollte sich jeder direkt an den Beratenden Ausschuss wenden können, ohne Umwege über das Büro des Parlamentspräsidenten. (Verhaltenskodex für Europaabgeordnete, Regel 8)

Umbenennung des ‘Beratenden Ausschusses’ als ‘Ethik-Ausschuss’

Das Britische Unterhaus hat ein Ethik-Ausschuss und dank der vollen Gesetzgebungskompetenz auch mehr Möglichkeiten, Regelverletzungen zu sanktionieren. Eine Umbenennung des ‘Beratenden Ausschusses’ als ‘Ethik-Ausschuss’ gibt unserem neuen Anspruch und der stärkeren Rolle des Gremiums Ausdruck. (Verhaltenskodex für Europaabgeordnete, Regel 7)

Interessenkonflikte ausbuchstabieren

Eine teure Einladung ins Ausland, das Angebot eine gut bezahlte Studie für eine große Firma zu schreiben: Abgeordnete wissen manchmal nicht genau, was einen Interessenskonflikt ausmacht. Der Beratende Ausschuss sollte eine Definition für Interessenskonflikte in einer öffentlichen Liste transparent machen. (Verhaltenskodex für Europaabgeordnete, Regel 7)

Die Regeln mit ihren Herausforderungen weiterentwickeln

Nur das Parlamentspräsidium hat derzeit den Auftrag, Änderungen an den Regeln des Verhaltenskodex vorzuschlagen. Diese Aufgabe sollte auch von denjenigen übernommen werden dürfen, die am meisten mit ihrer Umsetzung befasst sind. (Verhaltenskodex für Europaabgeordnete, Regel 8)

 

Keine finanziellen Verbindungen zwischen Europaabgeordneten und Lobbyisten

Klarstellung beim Verbot von Lobby-Nebenjobs von Europaabgeordneten

Europaabgeordnete dürfen jetzt schon kein Geld annehmen fürs Abstimmen oder um andere dabei zu beeinflussen. Einige argumentieren aber, es sei erlaubt andere dabei zu beraten, wie sie die EU beeinflussen können. Daher sollten die Regeln noch präziser jede Bezahlung ausschließen für “jede Aktivität, deren Zweck es ist auf die Politik oder den Entscheidungsprozess der EU Einfluss auszuüben oder andere dazu zu befähigen.” (Verhaltenskodex für Europaabgeordnete, Regel 2, Absatz 1.1)

Keine Bezahlung von Reden, Artikeln oder besonderen Ämtern von Europaabgeordneten

Um bestehende Regeln gegen die Annahme von Geld durch Europaabgeordnete zu stärken, sollten sie auch ausdrücklich die Bezahlung von Reden, Artikeln oder Auftritten verbieten. Sie gehören zum Kern der Abgeordnetenarbeit und sollten nicht zusätzlich bezahlt werden. Genauso sollten Funktionen im Vorstand eines Verbandes, eines Unternehmens oder ähnliches nicht extra vergütet werden dürfen. (Verhaltenskodex für Europaabgeordnete, Regel 2, Absatz 1.1)

Keine externe Finanzierung von Abgeordnetenmitarbeitern

Abgeordnete sollten gleiche Chancen auf politischen Einfluss haben. Daher sollte künftig kein externes Geld involviert sein, um Mitarbeiter von Europaabgeordneten zu bezahlen. (Verhaltenskodex für Europaabgeordnete, Regel 2, Absatz 1.b)

Europaabgeordnete sollen Vermögen und Schulden transparent machen, nicht nur Nebeneinkünfte

So wie es schon gute Praxis in Frankreich, Großbritannien und anderen Ländern ist, sollten Europaabgeordnete transparent machen, was sie besitzen oder schulden, nicht nur was sie verdienen, damit sich die Bürgerinnen und Bürger ein Bild über die Interessen der Abgeordneten machen können. In den schon jetzt verpflichtenden Interessenserklärungen sollten also auch Vermögen, Schulden und Verbindlichkeiten angegeben werden. Ähnliche Regeln gibt es schon für EU-Kommissare. Wegen ihrer wichtigen Rolle in der EU-Gesetzgebung sollten sie auch für Europaabgeordnete gelten. (Verhaltenskodex für Europaabgeordnete, Regel 4, Absatz 2.1)

Volle Transparenz über Nebeneinkünfte: ohne Deckel und Stufen

Europaabgeordnete müssen schon jetzt ihre Nebeneinkünfte offenlegen, aber ohne genaue Beträge. Berichterstatter Corbett schlägt vor, alle großen Beträge auf die nächsten 10.000 Euro zu runden. Es ist aber nicht einzusehen, warum gerade bei hohen Summen die Stufen der Veröffentlichung so grob sein sollten. So wie es auch in Frankreich und anderswo gilt, sollten Europaabgeordnete stattdessen die genauen Beträge angeben. (Verhaltenskodex für Europaabgeordnete, Regel 4, Absatz 2.2)

Berichterstatter und Ausschussvorsitzende sollen ihre Unabhängigkeit garantieren

Berichterstatter und Ausschussvorsitzende haben besonderen Einfluss auf die Entscheidungen des Parlaments. Sie müssen frei von Interessenkonflikten sein, was aber kaum untersucht wird. Um die Kontrolle zu stärken, sollten sie vor Antritt ihrer Rolle eine Unabhängigkeitserklärung unterzeichnen. (Verhaltenskodex für Europaabgeordnete, Regel 4)

 

Verbindung zu den Bürgern: Transparent ist nur, was verständlich ist

Transparenz von Angaben zu Nebenjobs, die Bürger verstehen können

Europaabgeordnete müssen ihre Nebenjobs angeben, damit Kollegen und Öffentlichkeit beurteilen können, ob ein Interessenkonflikt vorliegt. Einige erklären aber lediglich, Berater oder Rechtsanwalt zu sein, ohne die Kunden anzugeben, für die sie lobbyieren. Solche Versteckspiele müssen aufhören. Information muss umfassend genug sein, um verständlich zu sein. (Verhaltenskodex für Europaabgeordnete, Regel 4, Absatz 3)

Interessenerklärungen wenigstens auf Englisch, Französisch und Deutsch

Außer durch unleserliche Handschrift sind Interessenserklärungen von Abgeordneten vielen Bürgern durch ihre Sprache unzugänglich. Die Verwaltung sollte sie in Zukunft wenigstens in Englisch, Französisch und Deutsch übersetzen, um einen Kompromiss zwischen Zugänglichkeit und Übersetzungskosten zu erreichen. (Verhaltenskodex für Europaabgeordnete, Regel 4, Absatz 3)

 

Trilog-Transparenz: Licht in die Gesetzgebung bringen

Das Parlament sollte Ergebnisse jeder informellen Verhandlungsrunde publizieren

Triloge zwischen den Berichterstattern und Schattenberichterstattern des Parlaments, der Präsidentschaft des Rats der Mitgliedstaaten und der EU-Kommission laufen hinter verschlossenen Türen ab, trotz ihrer ausschlaggebenden Rolle für die Gesetzgebung. Die schon bestehende Berichterstattung an die öffentlichen Parlamentsausschüsse ist meist zu begrenzt, um Transparenz herzustellen. Daher sollten Ausschussvorsitzende Dokumente veröffentlichen, die den jeweils erreichten Verhandlungsstand nach jedem Treffen dokumentieren. (Regel 73, Absatz 4.2)

Regeln zum Dokumentenzugang klarstellen

Das Parlament ist bereits die transparenteste aller EU-Institutionen beim Zugang zu Dokumenten. Dokumente aus Trilogen sind aber schlechter zugänglich wegen des informellen Charakters der Treffen. Weil Triloge aber Teil der Gesetzgebung sind, sollten ihre Dokumente genauso zugänglich sein wie die aus anderen Phasen der Gesetzgebung. (Regel 116, Absatz 2.1 und 3.1)

 

Stärkung der Minderheitenrechte im Europaparlament

Das Veto großer Fraktionen gegen Untersuchungsausschüssen einschränken

Während die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses in vielen Parlamenten ein Recht der parlamentarischen Minderheit, der Opposition ist, müssen im Europaparlament solche Vorschläge durch die Konferenz der Fraktionsvorsitzenden. Damit haben die großen Fraktionen effektiv die Möglichkeit, eine Untersuchung vollständig zu verhindern (wie beim LuxLeaks-Fall geschehen) oder abzuschwächen. Die Befassung der Konferenz der Präsidenten ist nach dem EU-Vertrag nicht zwingend. Daher sollte das Parlamentsplenum über Anträge auf einen Untersuchungsausschuss ohne Blockademöglichkeit durch die Fraktionsvorsitzenden entscheiden. (Regel 198, Absatz 3)

Transparenz für Entscheidungen über die Tagesordnung von Ausschüssen

Einige Entscheidungen des Parlaments fallen nicht offen, sondern dort, wo die Tagesordnung bestimmt wird. Die Koordinatoren der Fraktionen in den Ausschüssen spielen dabei die Schlüsselrolle. Deshalb sollten die Protokolle ihrer Treffen öffentlich gemacht und in die offiziellen Sprachen übersetzt werden. (Regel 205, Absatz 2a)

Änderungsanträge im Plenum sollten ihre Unterstützer transparent machen

Änderungsanträge im Plenum des Europäischen Parlaments können von Ausschüssen und Fraktionen, aber auch von 40 einzelnen Europaabgeordneten eingereicht werden. Deren Namen sollten genauso öffentlich werden wie es die Mitglieder von Ausschüssen und Fraktionen schon sind. (Regel 169, Absatz 1.1)

 

Das Parlament stärken: ernsthaft werden durch Nachverfolgen von Entscheidungen

Neues Register aller Aufforderungen des Parlaments

Das Europaparlament fordert in vielen seiner Beschlüssen EU-Kommission, Rat der Mitgliedstaaten und nationale Regierungen auf, bestimmte Politiken umzusetzen. Zu oft passiert dann aber nichts, weil das Parlament seine eigenen Entscheidungen nicht immer nachverfolgt. Ein öffentliches Register darüber, was aus den Aufforderungen wird, kann den Druck erhöhen, dass Taten statt Worte folgen. Das begrenzte Initiativrechts des Europaparlaments kann so im Einklang mit dem EU-Vertrag gestärkt werden. (Regel 25, Absatz 12)