Sven Giegold
Mitglied der Grünen/EFA-Fraktion im Europaparlament

Sprecher Europagruppe Grüne

ECON fordert mehr Geld für Finanzaufsicht & Gemeinwohllobby sowie entsprechende Kürzungen

Heute hat der Ausschuss für Wirtschaft und Währung (ECON) meinen Bericht zum EU-Haushalt 2014 abgestimmt. In dieser Stellungnahme des ECON für den federführenden Haushaltsausschuss geht es um die überschaubaren Teile des Budgets, die mit Finanzmärkten, Steuern, Statistik und Wirtschaftspolitik zu tun haben.

 

Im Einzelnen habe ich vorgeschlagen:

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Die Europäischen Finanzaufsichtsbehörden für Banken, Versicherungen und Märkte – EBA, Eiopa, ESMA – mit den notwendigen Ressourcen auszustatten. Von Kommission und Rat vorgeschlagene Kürzungen sind zurückzuweisen. Die EU-Kommission hatte den Behörden einfach dringend benötigte Stellen pauschal nicht genehmigt, ohne im Einzelnen zu erklären, welche Arbeiten dann nicht oder langsamer erledigt werden sollten. Finanzmarktgesetze müssen auch effektiv umgesetzt werden. Dazu ist ausreichend qualifiziertes Personal nötig. Schon jetzt gibt es hier große Probleme, wie ich mich bei Besuchen in London, Paris und Frankfurt persönlich überzeugen konnte. Die 32 Millionen Euro jährlich für die drei Institutionen zusammen sind angesichts der Milliardenkosten der Finanzkrise gut angelegt.

  • Die Ausgaben für eine einseitig besetzte Interessensvertretung europäischer Konzerne (EFRAG), vorwiegend aus der Bankenbranche, gegenüber den Internationalen Buchhaltungsstandard-Setzer IASB, soll stark gekürzt werden. Die Banken können ihre Interessensvertretung selbst bezahlen, vor allem wenn die Ergebnisse in Form von IFRS-Standards den Interessen kleiner und mittlerer Unternehmen, Investoren sowie der interessierten Öffentlichkeit kaum gerecht werden. 6,8 Millionen € neue Mittel in 2014 sind definitiv zu viel.

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  • Die Kürzungen des von der Europäischen Statistikbehörde Eurostat vorgeschlagenen Budgets durch Kommission und Rat sollen zurückgenommen werden. Hier gilt ganz Ähnliches wie bei den Finanzaufsichtsbehörden, wie ich bei einem Besuch bei Eurostat in Luxemburg erleben durfte.  Auch diese 36 Millionen Euro, die z.T. wieder in die Mitgliedsländer fließen, sind gut angelegt.

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Das Europaparlament hat die gemeinwohlorientierte Interessensvertretung in der Europäischen Finanzmarktgesetzgebung in den letzten beiden Jahren mit jeweils 1,5 Millionen € ermöglicht. Das Geld ging an die NGOs Financewatch und  Euroinvestors (Kleinaktionäre-Verband). Die Finanzierung soll in den nächsten beiden Jahren mit 1,75 Mio. € fortgesetzt werden.

  • Das Budget zur Kommunikation über Euro und Währungsunion soll um 2 Mio. € gekürzt werden, weil sich die Materialien als wenig nützlich erwiesen haben. Auf die berechtigten Sorgen zur Stabilität des gemeinsamen Währung und Finanzmärkte wurde unzureichend eingegangen.
  • Die Ausgaben im Bereich der internationalen Zusammenarbeit im Steuerbereich soll von der Kommission geplanten 121.000 € auf 200.000 € ein wenig erhöht werden.

In  der Summe hielten sich Kürzungen und Ausgabensteigerungen in meinem Bericht etwa die Waage. Schließlich müssen wir überall sparen, auch wenn das im Kompetenzbereich anderer Ausschüsse (Agrar, Energieforschung, Verwaltungskosten in den Institutionen,…) leichter ist.

Die Diskussion meines Berichts mit den Schattenberichterstattern führte zu einigen Änderungen. Die Budgets für die Finanzaufsichtsbehörden und Eurostat wurden parteiübergreifend unterstützt. Die Kürzungen von Rat und Kommission wurden zurückgewiesen.

Meine Kürzungsvorschläge bei Efrag und dem Euro-Kommunikationsprogramm wurden ebenfalls akzeptiert. Allerdings wurden die Beträge nicht einfach gestrichen, sondern in die Reserve gestellt. Dieser Änderungsvorschlag des Schattenberichterstatters Markus Ferber (EVP, CSU) ist sachgerecht. Nun ist es am Haushaltsausschuss, weitere Informationen anzufordern und kritisch nachzuverhandeln, ob diese Ausgaben nötig und zielführend sind sowie Änderungen bei Efrag zu Rechenschaftspflicht und Transparenz einzufordern.

Last but not least, lehnte leider lehnte eine Mehrheit aus Konservativen, Liberalen und Rechtskonservativen meine leichten Ausgabesteigerungen für die internationale Steuerkooperation ab.

Kräftigen Ärger gab es jedoch beim Budget für gemeinwohlorientierte Interessensvertretung, wie z.B. Financewatch oder dem europäischen Kleinaktionäre-Verband Euroinvestors. Zunächst hatte Markus Ferber vorgeschlagen, den bisherigen Ansatz rabiat zusammen zu streichen. Diesen Antrag zog er zurück. Dann wollte er keinesfalls über den bisherigen Ansatz von 1,5 Mio. Euro hinausgehen, obwohl die Akteure ihren Bedarf gut begründet hatten. So arbeitet z.B. niemand in Brüssel aus Sicht der Verbraucher kompetent zum Bereich der Versicherungen. In der Diskussion im ECON führten dann Werner Langen (CDU, EVP) und die Luxemburger Konservative Astrid Lulling das große Wort. Sie plädierten für eine komplette Streichung der Gelder. Financewatch wäre aus dem Fenster herausgeworfenes Geld und würde nur die Arbeit in der Gesetzgebung behindern. Diese Behauptung sind schon zynisch angesichts von ca. 700 Finanzmarktlobbyisten in Brüssel, die ca. 300 Millionen Euro von der Finanzwirtschaft bezahlt werden. 12 Finanzmarktprofis von Verbraucher- und Gemeinwohllobbys sind da wahrlich gut angelegtes Geld.

Erfreulicherweise stimmte der ECON mit breiter Mehrheit für das Budget von Financewatch & co. Sozialdemokraten, Liberale, Linke und Grüne stimmten gemeinsam mit einigen Konservativen, aber gegen die deutschen CDU-Abgeordneten Langen & Mann (Frankfurt) für mehr Waffengleichheit in der Interessensvertretung im Finanzmarktbereich. Markus Ferber (CSU) und Burkhard Balz (CDU) waren nicht bei der Abstimmung. Bei der Schlussabstimmung enthielten sich die meisten Abgeordneten der EVP/CDU. Das Budget wurde mit deutlicher Mehrheit angenommen.

Damit setzt der ECON ein klares Zeichen für Lehren aus der Finanzkrise: Gut ausgestattete Finanzaufsichtsbehörden sind billiger als milliardenschwere Bankenretttungen. Gemeinwohllobby in Finanzfragen ist demokratischer als das Brüsseler Feld der Finanzindustrie zu überlassen.

Jetzt ist der Haushaltsausschuss am Zuge. Wir Grünen bleiben wachsam.

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